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Neuwied ist Lava

Ich bin immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und so hatte ich schon länger im Kopf einmal rund um das Neuwieder Stadtgebiet zu laufen ohne eben dieses zu betreten.

Das Höhenprofil des Laufs rund um Neuwied.

Konkret also in Leutesdorf loslaufen und in Mülhofen ankommen ohne Neuwied zu betreten. Also eine Route rausgesucht, das Auto am Bahnhof in Engers geparkt, nach Leutesdorf gefahren und los ging es.

Von Leutesdorf nach Ehlscheid

Vom Bahnhof in Leutesdorf aus geht es erstmal für drei Kilometer am Rhein entlang bis auf die Höhe des Leutesdorfer Campingplatzes.

Dort durch einen Garten mit einem Kreuz in der Mitte (keine Ahnung, was das genau bedeuten sollte) in Richtung Bahnlinie, über diese hinweg und dann so langsam hinein in den ersten Anstieg.

Weg entlang des Gesterbachs (wurde mit der Zeit immer wilder)

Ich bin keinem ausgeschilderten Wanderweg, sondern einfach alten und offensichtlich derzeit eher selten genutzten Forstarbeiterwegen gefolgt. Entlang des Gesterbachs geht es teilweise recht steil bergan, das Laufen ist aber vor allem deswegen mühsam, da der Weg mal von umgefallenen Bäumen versperrt, mal fast vollständig überwuchert ist.

Hier war fast kein Durchkommen. Hat ein paar Minuten gedauert 🙂

Erst gegen Ende des Anstiegs gelange ich auf eine asphaltierte Straße, auf der es natürlich wieder schneller vorwärts geht.

Die Wüstung Rockenfeld lasse ich links (eigentlich rechts) liegen und folge dem Limesweg in Richtung Rheinbrohl, passiere Limestürme und biege dann ins Nonnenbachtal ab, welches ins Wiedtal hinab führt.

An der Wied angekommen merke ich, dass meine Streckenplanung zumindest ausbaufähig ist. Am Haus Nonnenbach endet der Weg und es gibt keinen Anschluss für Fußgänger. Ich möchte nicht über den Campingplatz laufen, also schlucke ich die Pille und laufe auf der Kreisstraße schnell bis nach Datzeroth.

Die Wied bei Datzeroth.

Dort quere ich die Wied und nach ein paar Hundert Meter auf dem Wiedweg verlasse ich das Tal wieder, um durch das Dombachtal nach Ehlscheid anzusteigen.

In meinem Heimatdorf angekommen hat man zum ersten Mal einen Blick ins Neuwieder Becken.

Blick an Ehlscheid vorbei ins Neuwieder Becken.

Bei meinen Eltern angekommen nutze ich die Chance um meine Wasserreserven aufzufüllen und natürlich auch einen Vatertagsbesuch zu machen. Passt. 🙂

Über Anhausen und Isenburg zum Rhein

Nach nur etwa 15 Minuten Pause geht es direkt weiter. Zwischen Rengsdorf, Bonefeld und Hardert vorbei geht es durch das Völkerwiesenbachtal, das Birzenbachtal bis hinab ins Aubachtal. Hier verlaufe ich mich kurzzeitig und habe Glück, dass ich es gerade noch rechtzeitig merke.

Fast wäre ich in die Lava getappt. 🙂

Also das Aubachtal wieder etwas nach oben gelaufen und dann den Anstieg hinauf nach Anhausen in Angriff genommen. Dort angekommen habe ich die ersten 1000 Höhenmeter des Tages bereits im Sack. Jetzt geht es zum Teil auf der Iserbachschleife in Richtung Isenburg.

Abgesehen von der unfreiwilligen Annäherung an das Stadtgebiet im Aubachtal komme ich jetzt an die Stelle, wo ich geplanterweise am nächsten an Neuwied herankomme.

Über die Brücke darf ich nicht, denn dann ist man im Neuwieder Stadtgebiet.

Am Zusammenfluss von Hohenwiesenbach (Mitte) und Steinebach (kommt von rechts) bin ich nur durch die Brücke von Neuwied entfernt, also lieber auf diese Seite weiterlaufen, direkt hinab ins Iserbachtal.

Ich laufe kurz auf der Kreisstraße hinab, entdecke dann aber einen netten, steilen Ausstieg aus dem Tal (Wolfskehl) und nutze diesen spontan, um doch noch an der Burg Isenburg vorbei zu kommen.

Toller Blick auf Kirche und Burgruine in Isenburg.

Oben angekommen besuche ich noch die beiden Aussichtspunkte hinüber zur Burgruine (der westlichere von beiden lohnt mehr!) und mache mich dann hinab zu Kirche und Burg und weiter hinab ins Sayntal.

Nun steht nur noch ein Berg zwischen mir und dem Rhein. Hier war ich vor einiger Zeit schon mal zum Streckencheck, also weiß ich, dass noch ein harter Anstieg auf mich wartet. Aber ich fühle mich auch nach 40km noch gut, also sind die letzten paar Hundert Höhenmeter schnell gemeistert.

Der einsame Weg schlängelt sich am Hang entlang bis man irgendwann abbiegt und auf den Saynsteig trifft. Hier noch schnell ein letztes Bild in Richtung Neuwied geworfen und dann geht es nur noch bergab nach Sayn.

Blick ins Neuwieder Becken von Stromberg aus

Die Beine machen sich aufgrund des langen Abstiegs irgendwann bemerkbar, aber gleichzeitig zieht der Himmel zu. Von der Sonne ist schon längere Zeit nichts mehr zu erkennen, also nicht locker lassen, sondern weiter in Richtung Rhein, um nicht auf den letzten zwei Kilometern noch nass zu werden.

In Sayn angekommen geht es weiter nach Bendorf und dem Radweg folgend nach Mülhofen. Dort biege ich in Richtung Rhein ab und erreiche nach etwa 6:15 Stunden mein Ziel.

Ich bin von Leutesdorf nach Mülhofen gelaufen ohne das Neuwieder Stadtgebiet zu betreten. Was man auch mit wenigen Dutzend Höhenmetern hätte erreichen können (indem man durch Neuwied läuft) hat mir 1400 Höhenmeter und etwa 50km abverlangt. 🙂

Alle Informationen zum Lauf bei Strava.

Am Ende bin ich dann doch noch ins Stadtgebiet gelaufen, mein Auto stand ja in Engers am Bahnhof. Warum in Engers und nicht in Bendorf? Ganz einfach: Bendorf hat keinen Bahnhof. 🙂

Nach dem Lauf von Nassau nach Hartenfels am letzten Samstag und einem 20km-Erkundungslauf an der Lahn am Tag vor dem Lauf rund um Neuwied bin ich extrem zufrieden mit der Zeit und Leistung.

Heute (am Tag danach) fühle ich mich wirklich gut und weiß, dass ich in diesem Jahr noch so einige gute Läufe in Angriff nehmen will und werde. 🙂

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Rennbericht: 1.Schindertrail virtual backyard ultra

Es war also alles vorbereitet und dann Dummheit deluxe. 🙁

Montags kam ich auf die Idee endlich mal mein aktuelles Fitness-Level bei Freeletics zu definieren, um nach dem backyard ultra voll durchstarten zu können. Jou, lockere Squats führten dann allerdings zu einer leichten Zerrung im hinteren Oberschenkelbereich. Dummheit einfach.

Beine lockern auf dem Rad, dann Blackroll und Massagepistole, Voltaren und ein bisschen Beine lockern am Mittwoch und Donnerstag und dann einfach die Suppe auslöffeln. Unsicherheit inklusive, es sollte aber zum Glück keine Auswirkung haben. Trotzdem: keine unbedachten Aktionen vor einem Wettkampf!

Am Donnerstag hatte ich bereits das Setup meines Start-/Zielbereichs zur Probe aufgebaut, so dass der Aufbau am Freitag Morgen schnell von der Hand ging.

Schnell noch ein bisschen bei social media Eigenwerbung betrieben und dann war auch schon zehn Uhr und der virtuelle Startschuss erfolgte.

Die ersten sechs Runden

Die Rundenzeit habe ich mir nicht wirklich geplant. 45 bis 50 Minuten habe ich anvisiert, um nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel Pause zwischen den Runden zu haben. Es lief gut, so dass ich die Zeit sogar etwas unterbieten konnte und mich damit gut fühlte.

RundeRundenzeit
142:38
242:18
342:24
441:26
542:06
642:18
Rundenzeiten während der ersten sechs Stunden

Zu Beginn noch das ein oder andere Foto für den Rennbericht gemacht, aber dann ist die Runde eben auch einfach immer nur die gleiche.

Der Anstieg zu Beginn der Tagesrunde verleitet dazu ihn zu laufen. Für einen normalen Lauf völlig okay, hier musste ich mich gerade zu Beginn wirklich zwingen einen Schritt zurück zu machen und zu gehen. Etwa 140 Höhenmeter pro Runde darf man nicht ignorieren.

Nach sechs Runden hat man nicht mal einen Marathon hinter sich, dafür aber noch unendlich viel vor sich. Die erste Ernüchterung macht sich breit. Das wird hart.

Von Beginn an habe ich darauf geachtet nicht zu geschwitzt zu sein. Das heißt immer schön vorsorglich die Laufshirts gewechselt, abgetrocknet. Oberkörper, zwischen den Beinen. Körperpflege ist wichtig.

Dazu regelmäßig kurz andehnen und locker massieren. Nicht zu hart, sondern irgendwie so, dass die Muskeln geschmeidig bleiben. Alles ohne wirkliche Ahnung von dem, was ich da tue, sondern nach bestem Wissen und Gewissen.

Wer weiß was noch so kommt.

Stunde fünf bis elf

Stunden, Runden. Ändert ja nichts. Immer weiter. War das Wetter in den ersten sechs Stunden noch ok (kühl, aber ok) wird es mit dem Nachmittag immer windiger. Die Zunahme der Windstärke passiert schleichend.

Ich merke, dass ich immer weniger schwitze, mir stattdessen während der Pause immer kühler wird. Mein Pavillon steht auf der Ostseite des Hauses, die Sonne ist weitergewandert. Es geht in den Abend hinein.

Ich entscheide mich den VP in den Keller zu verlegen.

Jetzt am Nachmittag werden die Beine schon müder. Dazu gesellt sich Frust. Der Wind ist nicht durchgängig (was auch ätzend gewesen wäre), sondern kommt in massiven Böen, was dazu führt, dass ich teilweise gefühlt gegen Wände laufe und gehend schneller bin, als laufend. Das saugt enorm viel Kraft, da ich versuche irgendwie meine Rundenzeiten zu bewahren. Wenn ich zu früh in die 50er abdrifte, befürchte ich nicht mehr gut genug regenerieren zu können.

Die ersten Gedanken à la „wie komme ich hier möglichst unbeschadet (körperlich und vom Ansehen her) raus“. Soll ich so tun, als ob ich umgeknickt bin? Durchfall ist immer ein guter DNF-Grund. Ich bin in einem Tief.

Am Ende rette ich mich in den Gedanken, dass ich im Garten windgeschützt bin und das dann alles gut wird. Die Ausgangssperre kommt näher.

Um 21:00 Uhr ist hier Schluss und ich muss in den Garten ausweichen.

RundeRundenzeit
742:24
843:18
944:08
1045:04
1147:05
Rundenzeiten von Stunde 7 bis 11

Die zehnte Runde ist eine Katastrophe. Die Sonne ist fast weg und im Wald stürmt es. Äste fallen und mir ist verdammt kalt. Ich entscheide mich in Runde elf (die letzte vor der Ausgangssperre) eine dickere Jacke und eine Mütze anzuziehen. Nunja … der Wind schläft ein. Keine einzige Böe, ich schwitze wie den ganzen Tag noch nicht.

Ich habe leichte Probleme mit dem Bewegungsapparat, aber ich bin mittlerweile auch bereits seit elf Stunden unterwegs. Alles soweit im Lot. Ich bin durchaus noch motiviert, wenngleich mich das Wetter schon richtig annervt.

Start in die Nachtrunde

Ich bin auf der einen Seite unmotiviert, will das nicht mehr. Auf der anderen Seite ist das so bescheuert, ich will am Ende sagen können „das habe ich geschafft“.

Ich höre eigentlich keine Hörbücher, aber heute muss eine Ausnahme sein. Alles ausprobieren, um die Zeit verfliegen zu lassen. Ich brauche irgendwas, was 8h dauert. Nicht 24, sondern 8, damit ich es zu Ende hören kann.

Ich bin auf „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann gestoßen. Das Buch ist klasse (Leseempfehlung!), heute soll es das Hörbuch sein. Leider ist mir relativ schnell klar, dass ich es nicht zu Ende hören werde.

Das Hörbuch beginnt mit diesem Zeilen.

Im September 1828 verließ der größte Mathematiker des Landes zum ersten Mal seit Jahren seiner Heimatstadt, um am deutschen Naturforscherkongress in Berlin teilzunehmen.
[Pause]
Selbstverständlich wollte er nicht dorthin.

Ich musste lauter lachen, als ich es sollte. Das spiegelte komplett meine Situation wieder. Ich wollte diese bescheuerte Gartenrunde nicht laufen.

Nach wenigen Minuten merkte ich außerdem, dass ich viel zu langsam war. Mein Körper war zwar nicht steif, aber die ständigen Drehungen auf der Wendepunktstrecke gingen nicht so schnell vonstatten, wie ich erhofft hatte.

Ich beendete die zwölfte Runde in 57:02min.

Ich hatte den Tag über jeweils zwei Wecker gestellt. Um 58 und dann zum Start in die neue Runde. Ich hatte nicht mal Zeit mich ausreichend zu verpflegen. Marcel und Sascha versuchten mir zwar noch die nötigen Motivationsspritzen zu geben, aber es half nichts. Es lag nicht an der Motivation, sondern daran, dass mein Körper nach der Vorbelastung mit mehr als 1500hm auf 73km diesen Rundkurs im Garten einfach nicht mehr absolvieren konnte. Ich probierte es, aber ich brach die 13.Runde vorzeitig ab, als ich merkte, dass es unmöglich war die Zeit aufzuholen und rechtzeitig mit der Runde fertig zu sein.

Fazit

Ich hätte sehr gerne erstmals 100 Meilen geknackt, aber das war an diesem Tag einfach zu weit weg.

Für mich war es eine absolut zufriedenstellende Standortbestimmung. Ich bin auf einem guten Weg.

Am Ende stehen 80km mit 1564 Höhenmetern in zwölf Stunden zu Buche und damit kann ich arbeiten. Das Training im Winter hat sich ausgezahlt und jetzt muss (und will) ich einfach den nächsten Schritt machen.

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Ehlscheid #everySingleStreet

Im Jahr 2018 hatte ich mir mal zum Ziel gesetzt alle Straßen in Koblenz abzulaufen. Das hat dann aus unterschiedlichsten Gründen (Disziplin, Verletzungspech, schlechtes Zeitmanagement und am Ende dann auch fehlende Motivation) nicht wirklich geklappt.

Anfang 2019 sah ich dann dieses Video. Rickey Gates läuft jede Straße in San Francisco ab oder wie es so schön kurz auf seine Website zu lesen ist

San Francisco…………..November 1 to December 15, 2018…………..40 days and nights……………..1200+ miles

Spätestens dann war der Gedanke wieder da mein eigenes, lokales Projekt erneut zu starten. Leider war das Jahr 2019 verletzungsbedingt die reinste Seuche, so dass ich erst rund um Weihnachten wieder anfangen konnte zu laufen.

Kleinere Brötchen

Koblenz ist keine riesige Stadt, aber trotzdem summiert sich die Laufstrecke und eigentlich bin ich auch nicht der allergrößte Asphaltfan. Ich laufe lieber im Wald bzw. mindestens mal hoch und runter. Aus dem Grund habe ich meine Ziele erstmal etwas kleiner gesteckt und am vergangenen Samstag dann endlich das erste davon erreicht.

Auch wenn ich jetzt schon fast zwei Jahrzehnte nicht mehr in meinem Heimatdorf wohne, bin ich doch noch häufig da. Meine Eltern wohnen in Ehlscheid und es ist und bleibt einfach das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin. Ich mag es einfach.

Wahrscheinlich bin ich schon im Jahr 1990 alle Straßen des Örtchens mit dem Rad abgefahren. Jedenfalls war ich immer unterwegs, aber wirklich aufgezeichnet habe ich das natürlich nie.

Am Samstag war es dann soweit und nach etwas mehr als 20km war ich zufrieden wieder im Elternhaus und habe das erste meiner 2020er-Ziele abgehakt.

Ich empfehle euch allen euch euren Ort, Stadtteil oder vielleicht ja auch die Stadt auszugucken und dann einfach mal los zu legen. Offensichtlich muss man das ja nicht alles in einem einzigen Lauf erledigen.

Aber wenn man seine Heimat kennen lernen will, dann schadet es ja auch nicht, wenn man überall mal vorbei geschaut hat. 🙂

Nachtrag:

Ich habe es im Jahr 2020 dann tatsächlich geschafft alle Straßen der Stadt Koblenz in 82 Tagen abzulaufen.